Die Untersuchung der Forschungsfrage, wie viel User Agency eine kohärente Dramaturgie im nonfiktionalen digitalen Storytelling verträgt, hat gezeigt, dass keine allgemeingültige quantitative Antwort existiert. Stattdessen offenbart sich ein Spannungsverhältnis zwischen drei zentralen Faktoren: der Geschichte, der Technik und der Zielgruppe. Diese Faktoren bedingen einander und bestimmen die Balance zwischen dramaturgischer Kohärenz und interaktiver Entscheidungsfreiheit. Die Analyse hat verdeutlicht, dass sowohl die Komplexität des erzählten Inhalts als auch die technische Gestaltung einer Anwendung eine Herausforderung für die User-Rezeption darstellen können. Eine hohe thematische Komplexität erfordert eine zugängliche technische Umsetzung, während innovative technische Lösungen nur dann effektiv sind, wenn sie nicht zusätzliche kognitive Hürden aufbauen. Die Zielgruppe nimmt dabei eine entscheidende Rolle ein: Ihre Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit interaktiven Formaten wird durch Faktoren wie Vorwissen, Interesse und Vertrauen in das Medium beeinflusst. Hohe User Agency kann in bestimmten Fällen sogar zur Stabilisierung der dramaturgischen Kontrolle beitragen, wenn die Gestaltung die Bereitschaft der Nutzer:innen gezielt fördert. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die Bereitschaft des Publikums nicht statisch ist, sondern durch gezielte Kommunikationsstrategien und eine durchdachte Aufbereitung der Inhalte beeinflusst werden kann. Personalisierte Inhalte und direkte Ansprache können dazu beitragen, die Akzeptanz komplexer interaktiver Formate zu steigern. Gleichzeitig zeigt sich, dass nonfiktionale interaktive Formate oft als Nischenprodukte betrachtet werden, da sie in ihrer aktuellen Form meist ein spezialisiertes Publikum ansprechen, welches eine für das Storytelling adäquate Bereitschaft mit sich bringt. Darüber hinaus ist die wirtschaftliche Realität interaktiver digitaler Storytelling-Formate nicht zu vernachlässigen. Die Produktion solcher Projekte erfordert umfangreiche Ressourcen und iterative Entwicklungsprozesse, die nur unter Berücksichtigung produktionslogischer Faktoren realisierbar sind und sich dadurch tendenziell an bereits etablierten Formaten zu orientieren versucht. Langfristig stellt sich daher die Frage, inwiefern die Bereitschaft des Publikums durch gezielte Maßnahmen gesteigert werden kann und welche Mechanismen eine breitere Akzeptanz interaktiver nonfiktionaler Formate ermöglichen. Zukünftige Forschungen sollten sich verstärkt der Differenzierung und dem Verständnis von Zielgruppen und deren Bedürfnisse widmen und wie man diese konkret erfüllen kann.