Betrachten Sie interaktive Formate als geeignet, um inhaltliche Komplexität darzustellen? Begründen Sie.
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Jacob Vicari
TACTILE.NEWS
Also auf jeden Fall. Das ist (…). Auf jeden Fall sind interaktive Storytelling Formate richtig geeignet, gerade für komplexe Themen, die sich nicht in 1:30 packen lassen. Ich mag sehr gerne das interaktive Formate die Möglichkeit bieten, je nach Nutzer:in-Typ also angelehnt an so eine Gamer-Typologie, damit arbeiten wir gerne und da gibt es die Explorer, die wirklich jeden Winkel ausleuchten. Da gibt es dann so den Killertyp der möglichst schnell durch will. Aber das jeder diesen Gamer-Typologien, je nach Nutzerin-Typ, die man tatsächlich so tief berühren will, einsteigen kann und vielleicht sogar noch eine tiefere Ebene und noch eine tiefere Ebene entdecken kann. Wir haben zum Beispiel ein News Game zu Lieferketten entwickelt, „Mission Waschbär“, ein Audio Adventure, das mit Echtweltdaten verknüpft ist und das zu erzählen für Kinder, etwas über Lieferketten von Tiefkühlerbsen in dem Beispiel, ist gar nicht so einfach. Außerdem will man als Journalist:in immer direkt einsteigen und alle Fakten über den Anbau von Tiefkühlerbsen erzählen, während die Spieleentwicklerin gesagt hat: Stopp, stopp mit den ganzen Infos erst mal, will man doch eine Geschichte haben und gefesselt werden und es muss Spaß machen, bevor die ersten Informationen kommen. Und so hat es tatsächlich gleich zehn Minuten gedauert in diesem Spiel, acht bis man die erste Information über eine Tiefkühlerbse gekriegt hat. Und das ist genau dann eher eine Art Detektiv Geschichte geworden im Prototyping mit verschiedenen Ausgängen und verschiedenen tiefen Ebenen. Also man könnte nicht das Spiel auf eine Art gewinnen, sondern man konnte so tief man wollte einsteigen über Audio. Und das ist glaube ich in so Welten einzutauchen ganz großartig, dass man entweder ein Spiel, in 15 Minuten durchspielen kann oder sich eine Stunde zum Raum verlieren kann, alles erkunden kann, die Komplexität dieser Welt verstehen kann und alles über die Geschichte mitnehmen kann, ist glaube ich eine ganz große Chance. Ein anderes Beispiel, was wir hatten (…) gerne an Beispielen, aber wo wir für die Riffreporter etwas gebaut was wir Polyreportagen genannt haben. Also eine Reportage aus verschiedenen Perspektiven, Katzen gegen Vögel hieß der erste Prototyp. Und da geht es darum, dass man in diesem Grundkonflikt in dem 2000 Jahre alten Grundkonflikt Menschen leben, Vögel, Menschen lieben Katzen, Katzen hassen Vögel und fressen die auf, welche Perspektive soll man einnehmen? Sollen die Katzen eigentlich im Haus bleiben, damit sie keine Vögel fressen für den Vogelschutz? Sollen die Glöckchen tragen? Und man kann in dieser Polyreportage diese verschiedenen Perspektiven einnehmen, die der Katze, der Amsel oder die der Elster und dieselbe Situation im selben Garten einfach durchspielen, wie das so ist, und kriegt danach Informationen von Experten, Wissenschaftler hin und kann mit denen durch den Garten gehen. Und einfach dieser Perspektivwechsel, der durch das interaktive Format ermöglicht wird, bringt glaube ich die Problematik viel näher zu den Leser:innen, als wenn ich eine lange Reportage oder zwei lange Reportagen schreibe und wir haben mit Wissenschaftsjournalisten, die sich wirklich sehr gut mit den Perspektiven aus dem und mit den Tieren auskennen, zusammengearbeitet, Wissenschaftlerinnen befragt und natürlich sehr lang an dieser Dramaturgie gefeilt. Also wie lang (…) wie ist das eine Katzen Perspektive einzunehmen? Was weiß eigentlich diese Katze über die Problematik? Wie kann man dieses Wissen einbauen? Wie kann man auch die Realwelt einbauen? Und genau. daraus Ergab sich aber tatsächlich die Erkenntnis, dass man die Komplexität dieser Fragestellung sehr gut darstellen kann, durch diese verschiedenen Perspektiven, die die Nutzerin halt interaktiv durchspielen kann und das in der sehr viel besser und mehr Informationen eigentlich unterbringen kann Dadurch, dass man einfach die Erfahrung der Leserin, der Nutzerin hat und gleichzeitig im Kopf (…) also dieses man erlebt etwas mit dem Herzen, man kann seine Hände benutzen zum Klicken und man hat den Kopf um dann so eine Informationsebene wahrzunehmen und dadurch erreicht man die Nutzer:innen viel besser als hätte ich jetzt eine klassische Textreportage geschrieben. Und das sind immer sehr beglückende Erfahrungen.
A: Du sprachst ja eingangs, von den Nutzer:innen-Typen beim Game irgendwie sich zu orientieren. (…) Hältst du es für möglich, wirklich alle dieser Nutzer:innen-Typen irgendwie je Projekt abzudecken? Oder ist es eher eine Fokussierung auf individuelle Benutzer:innen-Typen pro Konzept?
Das ist immer so ein Spagat. Einerseits kann man nicht alle erreichen (…) so eine journalistische Geschichte. Also die Illusion sollte man sich ja nicht machen. Und gleichzeitig wird es ja möglich durch die moderne Technologie (…) durch, dass KI-Rollen übernehmen, kann meinetwegen künstliche Intelligenz das dann sehr viel bessere Softwaretools hat, dass man auch wirklich verschiedene Rollen erreicht. Also das man tatsächlich nicht nur einen Typ anspricht, sondern sich auf zwei oder drei fokussieren kann und genau denen ein Erlebnis zu machen. Das ist etwas, was wir von guten modernen Computerspielen lernen können, die eben so gestaltet sind, dass es eben nicht nur einen Weg zum Ziel gibt, wie bei Pacman oder so, sondern dass es ganz viele Wege zum Ziel gibt und viele Strategien. Und das macht ja den Reiz aus. Und das genau. Und da ist jetzt immer die Frage, nach welchen Nutzer:innen Modell man sich orientiert auf. Es gibt im Journalismus ja sehr erfolgreich zum Beispiel die Digital Media Types die auf Nutzerin gehen oder die User Needs, Dimitri Schischkin, die im (…) Projekt der dpa, eine Regionalzeitung gebracht werden, wo es verschiedene Nutzer:innen-Kategorien gibt oder es gibt halt diese Gamertypes. Das ist es eigentlich gar nicht so wichtig, sondern wichtig ist, dass man sich klarmacht, dass es verschiedene Nutzerinnen Typen gibt und welche man jetzt mit welcher Funktion bedient. Und das genau (…) Also oft suchen wir dann tatsächlich auch die Nutzer:innen, die wir erreichen wollen oder verschiedene Nutzer:innen exemplarisch aus und führen Interviews, bevor wir beginnen, also Interviews mit dem Team und stellen halt Fragen über deren Mediennutzungsverhalten, wie sie das fänden oder das fänden, was in ihnen fehlt, oder wie sie vorgehen würden, um das besser zu verstehen und nicht selbst anzunehmen, was Nutzer:innen brauchen, sondern das von ihnen zu erfahren, das ist, glaube ich (…) das verändert jede Produktentwicklung wenn am Anfang die Nutzer:innen steht, dann kommt das Team immer wieder darauf zurück, was Sie da gehört haben in diesen Interviews. Wenn sie dabei waren und dann genau hat man eher, so kann man immer sagen: „Aber Anna wollte doch erst mal so sich umgucken, bevor ihr gesagt wird, was sie tun soll“. Und dann hat man das im Kopf und baut den Prototypen und die kann man wieder testen. Es hilft auch, sich nicht zu verzetteln. Das Schwierigste bei interaktiven Geschichten ist, da man sich praktisch immer an Spezialenden aufhält, die die Nutzer:in womöglich gar nicht erreichen will, da der Einstieg schon so schlecht ist, dass sie rausfallen und nicht verstehen, wo man ist. Also deswegen ist es dramaturgisch jedes Mal wieder eine Herausforderung. Und das wird auch zu wenig in der Journalist:innenausbildung thematisiert. Also wie man tatsächlich neue Formate dramaturgisch aufbaut. In dieser (…) Es ist ja eine große Herausforderung.
Matthias Leitner
BR audience:first Lab
Interessant. Gibt es auch so ein kleines Schlagwort. Also ja, ich betrachte das als geeignet, weil natürlich digitales und interaktives Geschichtenerzählen per se erst mal eine Komplexität mit sich bringt, weswegen dann auch der Bedarf nicht so groß ist, weil es schon ein hoher Grad an Einlassung braucht. Das ist dann immer die Frage, welche Komplexität ist dann dem Gegenstand angemessen? Also Komplexes komplex darstellen, finde ich erst mal, ist eine ganz gute Lösung. Auf der anderen Seite ist man auf einer Vermittlungsebene und das ist so der Bereich, (…) Komplexität natürlich auch in verdaubare Häppchen zu erarbeiten. Und auch das ist dann wiederum ein Spektrum quasi. Ich würde sagen, ja, es ist geeignet, das zu tun. Die Frage ist, will ich das? Und wie kommt es dann auch wiederum bei der Beurteilung beim Publikum an? Also gibt ja Borges wird auch immer gerne als Musterbeispiel hergenommen mit seiner Geschichte über die Forking Paths. Ich kann die Geschichte erzählen und an jeder einzelnen Schnittstelle kann ich die Entscheidung quasi weitererzählen. Das ist eine Komplexität des Lebens, quasi reproduziert in der Literatur, macht den Autoren wahnsinnig. Der Kartograf, der versucht, eine 1:1 Darstellung der Welt zu zeichnen, wird genauso wahnsinnig sein. Es ist immer eine Reduktion. Und die Frage ist, komme ich an die Schnittfläche quasi vom Vermittlungsziel, das ich habe und krieg ich das dann auch wirklich so vermittelt, dass nachhaltiger Lerneffekt beim Publikum da ist, und der Sweet Spot ist, wenn beides gegeben ist, quasi Ich eine Medienproduktion hab, die mich nicht in der Komplexität überfordert und das Publikum nicht überfordert. Aber an bestimmte Inhalte glaube ich, lassen sich auch tatsächlich in den interaktiven Formaten vorstellen, weil natürlich lineare Inhalte per se eine Grenze haben, weil die Hand eben in der Verbindung mit den drei Vermittlungsebenen Herz, Hand, Hirn so ein bisschen also, die das Emotionale vermitteln, das Inhaltliche vermitteln. Das sind Sachen, die kann alle Medien unisono sehr gut. Aber das Praktikable, die Vermittlung über die Hand, über das Muskelgedächtnis-ich kann mir etwas praktisch aneignen-das gibt es eher im interaktiven Format, aber auch dort gibt es wiederum Graduierungen.
Kay Meseberg
ARTE
Ja. Es hängt davon ab, wie viel Mittel man hat? An wen man sich wendet? Also „keep it simple“ ist schon irgendwie auch in dem Bereich etwas, was man beherzigen sollte. Also was will man damit erreichen? Mit dem Inhalt, mit dem Format, mit dem Projekt? Ich glaube, dass es immer schon nützlich ist. Und sehr oft nützlich sein kann, um die Dialogfunktion mit den Zuschauenden und Nutzenden sozusagen aufrechtzuerhalten, um damit dann auch sozusagen in Feedback Loops das aufnehmen zu können für zukünftige Projekte. Das ist sozusagen erst mal ja auch so eine Infrastruktur, also eine grundlegende Frage. Aber Interaktivität kann manchmal auch auf den falschen Pfad führen, Dinge zu überlagern und hyperkomplex zu machen. Und wenn man dann sozusagen etwas technisch sehr Komplexes hat und dann auch noch etwas auf inhaltlicher Ebene sehr Komplexes, dann kann es am Ende auch unverständlich werden. Also das muss man schon sagen. Und gleichzeitig kann natürlich auch irgendwas total komplex Interaktives auch eine inhaltliche Leere versuchen zu überdecken. In diesem Spannungsbogen ist man da schon irgendwo unterwegs. Und deshalb würde ich eher tendieren, das sozusagen einfache interaktive Mittel geeignet sein können inhaltliche Komplexität zu verdeutlichen. Zum Beispiel, wenn man sich jetzt anschaut, wenn man mit Satellitenbildern arbeitet und dann in Bilder rein und rauszoomen kann oder vorher nachher Entwicklungen in Satellitenbildern zeigen kann, dann ist das eine extrem sinnvolle und den Aha-Effekt fördernde Interaktivität, die glaube ich ein Thema eröffnen kann, wo sich dann quasi aber die Fragen stellen: Aber warum ist es denn so? Und danach kann man dann quasi in die inhaltliche Komplexität einsteigen. Die, die in der Regel dann doch eher auch wieder vielleicht linearer formuliert wird, so das ist immer eine Abwägungsfrage vom Inhalt und dem Kontext, in dem man diesen Inhalt auch verbreiten und erzählen möchte.
Lars Grabbe
Münster School of Design
Ja, das ist natürlich jetzt wieder so eine schwierige Frage. Was ist inhaltliche Komplexität? Also sagen wir es mal so, wenn sich Storytelling an Narration, also an Erzählweisen, orientiert und diese Erzählweisen, seien sie nun fiktiv oder fiktional oder dokumentarisch, dann geht es um Personen oder Figuren, Interaktion, die sich in Konfliktmilieus bewegen. In diesen Konfliktmilieus gibt es handlungstheoretische Verdichtungen, die man auch als Höhepunkte oder sozusagen Klimax vielleicht definieren kann. Dann gibt es Veränderungen auf der Ebene der Intentionalität dieser Personen oder Figuren. Das können natürlich dokumentarische Informationen des Weltwissens sein oder eben narrativ fiktionale Dinge, die gelernt wurden. Und dann müssen natürlich diese Personen oder Figuren, weil Storytelling immer episodisch ist […]. Das zeigt eine Episode aus einem Handlungsfeld, aber nicht das ganze Leben von XY. Da muss das natürlich auch beendet werden können und da würde ich natürlich sagen, dass das interaktive vielleicht erst mal augenscheinlich einen Vorteil bietet, aber auf produktionsästhetischer Seite ist es sehr, sehr, sehr komplex und glaube ich auch nicht einzulösen. Ich glaube, es ist viel einfacher, eine komplizierte Geschichte durch einen Text zu vermitteln, siehe Herr der Ringe oder siehe die Bibel oder so etwas. Ja, das läuft textuell sehr, sehr gut. Verfilmt man jetzt den Herrn der Ringe oder verfilmt man die Bibel, dann wird das alles sehr, sehr episodal und man hat immer das Defizitgefühl: Man kann gar nicht alles ausdrücken. Und bringe ich jetzt den Herrn der Ringe in ein Online Spiel, zum Beispiel Herr der Ringe Online, da bin ich ganz, ganz, ganz weit weg von der Gesamtnarrative, sondern habe wirklich nur noch kleine Episoden, nämlich zum Beispiel Balrogs jagen in den Ettenöden oder so mit meinem Klan und dann ist es eigentlich auch kein Storytelling mehr, sondern dann ist es einfach ein action-driven Moment, also wo mir eigentlich nichts Erzählerisches kommuniziert wird, sondern ich einfach in einem puren Handlungsmoment bin, was ja auch noch eine Vorform des Storytelling sein kann. Also ich bin da vorsichtig zu sagen, dass das geeignet ist, um inhaltliche Komplexität darzustellen. Meistens ist es so, das ist meine Erfahrung, je interaktiver die Mediensujets sind, desto weniger Story wird eigentlich vermittelt, weil man das gar nicht produktionsästhetisch in das digitale Artefakt bringen kann. Siehe Extended Reality oder Virtual Reality als Problemfall transmedialen Storytellings. Und dann zieht man sich meistens wieder auf so monomodale Felder zurück. Also schönes Beispiel ist „The last of Us“ ein Computerspiel, das ich sehr schätze und immer an verdichteten Momenten, wo man denkt so okay, wie geht das Spiel jetzt weiter? Wird eine Cutscene eingeblendet und man guckt sich den zwei Minuten Film an und in dem wird schnell erklärt, was war und wie und blubb und wie ist sozusagen der Handlungspunkt gesetzt und dann erst geht das Spiel weiter. Also glaube ich, dass das interaktive Storytelling. Monomodal wird, wenn es sozusagen wieder auf die inhaltliche Komplexität zum Tragen kommt. Deswegen glaube ich, ist das so eine Art Wechselphänomen und das ist natürlich theoretisch noch nicht so ganz gut erschlossen, wie man das jetzt auf so ein Tableau bringen kann.
Jens Radü
Der Spiegel
Ja, ich ahne, was deine Hypothesen sind, deine Arbeitshypothesen. Die würde ich jetzt, die würde ich natürlich bejahen. Der große Vorteil von interaktiven Storytelling-Formaten, wobei ich jetzt hier Interaktivität so verstehe, dass man zum Beispiel mit grafischen Inhalten interagieren kann, im Gegensatz vielleicht zum bloßen Konsumieren, wie das gerade angesprochene: Man gibt eine Postleitzahl ein, kann sich direkt über seine Region informieren, dergleichen mehr. Das hilft natürlich, Komplexität zu reduzieren, weil man sich dann nicht mehr mit ganz Deutschland auseinandersetzen muss, sondern sich zum Beispiel auf seine Region fokussieren kann. Das hilft auf dem oder der Journalistin dann dabei, Geschichten zu fokussieren und vom Leser und Leserinnen her zu denken. Ich glaube, dass Komplexität natürlich auch in einzelnen Medienformen gut handelbar ist. Also grundsätzlich ist ein Erklärfilm, der ja mit vielen verschiedenen Medien schon per se arbeiten kann, visuelle Eindrücke, die er mit Audioinhalten koppelt, der kann mit Animationsinhalten vielleicht auch Sachen ziemlich gut auf den Punkt bringen und erklären. Auch das ist tendenziell geeignet, komplexe Inhalte herunterzubrechen und verständlich zu machen. Ich glaube, dass die digitale Story tatsächlich die beste Form ist, da sie alle Möglichkeiten, die wir haben, im medialen Kosmos, also eigentlich alles, was im Journalismus so an Stimmen zur Verfügung haben, nutzen kann. Und ich würde nur stark dafür plädieren, dass man sie eben nicht nutzt, nur weil man kann, sondern dass der Leitgedanke immer sein sollte: Was ist hier das beste und passendste Medium für diese Situation, für das, was ich erklären will? Was in der EU gilt als Subsidiarität, also all das, was einzelne Länder am besten alleine regeln können. Das sollen die schon alleine regeln. Aber all das, wo wir ein bisschen mehr brauchen, da kommt dann die EU ins Spiel. So ähnlich liegt es beim digitalen Storytelling auch begründen.
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Nach GRABBE ließe sich inhaltliche Komplexität tendenziell besser auf der monomodalen Ebene darstellen.
„Ich glaube, es ist viel einfacher, eine komplizierte Geschichte durch einen Text zu vermitteln, siehe Herr der Ringe oder siehe die Bibel oder so etwas.“ (Prof. Dr. Lars C. Grabbe, persönliche Kommunikation, 17.12.2024)
Als Grund nennt er die Dynamik multimodaler, interaktiver Formate episodalen Charakter zu entwickeln in Abhängigkeit zur Interaktionstiefe. Im fortgeschrittensten Fall können somit sogar die Rahmen des Storytellings zu lediglich Momenten degradiert werden.
„…weil Storytelling immer episodisch ist. Das zeigt eine Episode aus einem Handlungsfeld, aber nicht das ganze Leben von XY. Da muss das natürlich auch beendet werden können und da würde ich natürlich sagen, dass das interaktive vielleicht erst mal augenscheinlich einen Vorteil bietet, aber auf produktionsästhetischer Seite ist es sehr, sehr, sehr komplex und glaube ich auch nicht einzulösen“ (Prof. Dr. Lars C. Grabbe, persönliche Kommunikation, 17.12.2024)
„…dann ist es eigentlich auch kein Storytelling mehr, sondern dann ist es einfach ein actiondriven Moment, Also wo wir eigentlich nichts Erzählerisches kommuniziert wird, sondern ich einfach in einem puren Handlungsmoment bin, was ja auch noch eine Vorform des Storytellings sein kann.“ (Prof. Dr. Lars C. Grabbe, persönliche Kommunikation, 17.12.2024)
Auch LEITNER spricht von einer Tendenz der Reduktion. Also Komplexität zu verarbeiten und reduziert darzubieten. Dies bezieht er unter anderem auch die inhärente Komplexität, die in der Bedienbarkeit von interaktiven Formaten liegt, die der inhaltlichen Komplexität hinzugefügt wird und somit mehrere Ebenen durchstiegen werden müssen, um ein wirkliches Verständnis auszulösen.
„Es ist immer eine Reduktion. Und die Frage ist komme ich an die Schnittfläche quasi vom Vermittlungsziel das ich habe und krieg ich das dann auch wirklich so vermittelt, dass nachhaltiger Lerneffekt beim Publikum da ist.“ (Matthias Leitner, persönliche Kommunikation, 11.12.2024)
„…weil natürlich digitales und interaktives Geschichtenerzählen per se erst mal eine Komplexität mit sich bringt.“ (Matthias Leitner, persönliche Kommunikation, 11.12.2024)
„…weil es schon ein hoher Grad an Einlassung braucht.“ (Matthias Leitner, persönliche Kommunikation, 11.12.2024)
Dennoch spricht LEITNER von einer Grenze, die vergleichsweise weniger interaktiven Inhalten zu Grunde lägen. Und MESEBERG von der Integration interaktiver Elemente als Verdeutlichungsfaktor von Komplexität.
„…bestimmte Inhalte glaube ich, lassen sich auch tatsächlich in den interaktiven Formaten vorstellen, weil natürlich lineare Inhalte per se eine Grenze haben.“ (Matthias Leitner, persönliche Kommunikation, 11.12.2024)
„Und deshalb würde ich eher tendieren, das sozusagen einfache interaktive Mittel geeignet sein können. Inhaltliche Komplexität zu verdeutlichen.“ (Kay Meseberg, persönliche Kommunikation, 06.12.2024)
Und dabei ergibt sich scheinbar auch eine Frage nach dem Zielpublikum, also wen will ich erreichen und wie ist der Umgang der besagten Zielgruppe mit meiner Technik. VICARI spricht hierfür die exemplarische Auswahl von Nutzer:innen-Typen an, um eine Einordnung dafür zu treffen. Ebenso spricht er von einer Involvierung der Zielgruppe in den Produktionsprozess, um die Fähigkeiten und Geeignetheit zu überprüfen.
„An wen man sich wendet?“ (Kay Meseberg, persönliche Kommunikation, 06.12.2024)
„…wichtig ist, dass man sich klar macht, dass es verschiedene Nutzerinnen Typen gibt und welche man jetzt mit welcher Funktion bedient.“ (Dr. Jacob Vicari, persönliche Kommunikation, 16.12.2024)
„…oft suchen wir dann tatsächlich auch die Nutzer:innen, die wir erreichen wollen oder verschiedene Nutzer:innen exemplarisch aus und führen Interviews, bevor wir beginnen.“ (Dr. Jacob Vicari, persönliche Kommunikation, 16.12.2024)
Für die simultane Ansprache multipler Typen nennt VICARI das Potenzial von künstlicher Intelligenz als technisches Mittel der Nutzer:innen-Ausrichtung.
„Und gleichzeitig wird es ja möglich durch die moderne Technologie durch, dass KI Rollen übernehmen, kann…“ (Dr. Jacob Vicari, persönliche Kommunikation, 16.12.2024)
„…dass man auch wirklich verschiedene Rollen erreicht, also dass man Das man tatsächlich nicht nur einen Typ anspricht, sondern sich auf zwei oder drei fokussieren kann Und genau denen ein Erlebnis zu machen.“ (Dr. Jacob Vicari, persönliche Kommunikation, 16.12.2024)